WissensTransferCamp 2025/KI Live Test

Aus Copedia

Gabi Riedmann de Trinidad stellte in ihrer Session vor, wie Künstliche Intelligenz das Wissensmanagement revolutionieren kann. Sie demonstrierte, wie traditionelle Wissensdokumente und Experteninterviews durch KI in interaktive Micro-Learnings umgewandelt werden können, die an unterschiedliche Skill-Level und Sprachniveaus angepasst sind. Besonders im Kontext des Fachkräftemangels und der zunehmenden Heterogenität in Unternehmen bietet diese Technologie neue Möglichkeiten für effektiven Wissenstransfer.

Session Owner: Gabriele Riedmann de Trinidad

Hauptthemen der Präsentation:

  1. Herausforderungen im traditionellen Wissensmanagement
  2. KI-gestützte Transformation von Wissensinhalten
  3. Anpassung an unterschiedliche Skill-Level durch die Bloom’sche Taxonomie
  4. Mehrsprachigkeit und Sprachniveaus im Wissenstransfer
  5. Praktische Demonstration der 3L-Plattform

Herausforderungen im traditionellen Wissensmanagement

Riedmann de Trinidad illustrierte die Problematik des Wissensverlusts anhand ihrer Erfahrungen bei Siemens, wo beim Aufbau von Mobilfunknetzen weltweit jedes Projektteam die gleichen Fehler machte. Trotz 3000 paralleler Projekte gab es keinen systematischen Wissensaustausch, was zu einem Verlust von 50 Prozent des EBIT führte. Erst durch systematisches Sammeln von Best Practices und Lessons Learned konnten im ersten halben Jahr 50 Millionen Euro eingespart werden.

Die heutigen Herausforderungen haben sich durch mehrere Faktoren verschärft:

  • Der demografische Wandel führt zum Verlust von Erfahrungswissen durch Renteneintritt
  • Die rasante Entwicklung der KI-Technologie erfordert tagesaktuellen Wissensaustausch
  • Traditionelle Wissensmanagement-Tools wie Wikis und Confluence stoßen an ihre Grenzen
  • Die Geschwindigkeit technologischer Veränderungen macht explorative Arbeitsweisen notwendig

KI-gestützte Transformation von Wissensinhalten

Die Referentin demonstrierte, wie KI dabei helfen kann, Wissen aus verschiedenen Quellen zu strukturieren und aufzubereiten. Dabei werden sowohl schriftliche Dokumente als auch Audio- und Videoaufnahmen von Experteninterviews verarbeitet.

Der Transformationsprozess umfasst mehrere Schritte:

  • Automatische Analyse und Strukturierung der Inhalte
  • Aufbereitung in kleine Micro-Learning-Einheiten
  • Generierung von Validierungsfragen zur Lernkontrolle
  • Reduktion der Komplexität für bessere Verständlichkeit
  • Anpassung an verschiedene Zielgruppen

Besonders wertvoll ist dieser Ansatz bei Expert-Debriefings, wo Fachexperten ihr Wissen teilen, aber möglicherweise nicht über didaktische Fähigkeiten verfügen. Die KI kann langweilige, komplexe oder unsortierte Inhalte strukturieren und verständlicher machen.

Anpassung an unterschiedliche Skill-Level durch die Bloom’sche Taxonomie

Ein zentraler Aspekt der Präsentation war die Anwendung der Bloom’schen Taxonomie zur Differenzierung von Lernzielen. Diese Taxonomie unterscheidet sechs Stufen des Lernens, wobei die ersten drei Stufen besonders relevant sind:

  • Wiedergabe: Einfache Reproduktion von gelernten Inhalten
  • Verständnis: Erfassen und Erklären der Zusammenhänge
  • Anwendung: Transfer des Wissens auf neue Situationen

Die KI kann automatisch Fragen und Aufgaben für verschiedene Taxonomie-Level generieren. Dies ermöglicht es, aus einem Ursprungswissen unterschiedlich komplexe Lerneinheiten zu erstellen, die den jeweiligen Kenntnisstand der Lernenden berücksichtigen.

Diese Differenzierung ist besonders wichtig angesichts des Fachkräftemangels, der dazu führt, dass Unternehmen vermehrt Quereinsteiger mit unterschiedlichen Vorkenntnissen einstellen müssen.

Mehrsprachigkeit und Sprachniveaus im Wissenstransfer

Der Fachkräftemangel bringt eine weitere Herausforderung mit sich: die zunehmende sprachliche Heterogenität in Unternehmen. Riedmann de Trinidad betonte, dass ausländische Fachkräfte zwar oft über ein B1-Sprachniveau verfügen, aber dennoch Schwierigkeiten mit firmeninternem Wissen haben.

Die vorgestellte Lösung orientiert sich am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (A1 bis C2) und kann Inhalte automatisch an verschiedene Sprachniveaus anpassen:

  • Vereinfachung des Wortschatzes für niedrigere Sprachniveaus
  • Anpassung der Satzstruktur und Komplexität
  • Übersetzung in über 30 Sprachen
  • Berücksichtigung firmenspezifischer Terminologie

Dabei geht es nicht nur um das Verstehen von Inhalten, sondern auch um die Entwicklung der Kommunikationsfähigkeit im Arbeitskontext. Unternehmen müssen sich auf eine gemeinsame Arbeitssprache verständigen und gleichzeitig sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden das firmenspezifische Vokabular beherrschen.

Praktische Demonstration der 3L-Plattform

In der Live-Demonstration zeigte Riedmann de Trinidad, wie die 3L-Plattform funktioniert. Am Beispiel des LernOS-Leitfadens wurde der gesamte Prozess durchlaufen:

  • Upload eines PDF-Dokuments
  • Automatische Verarbeitung durch KI
  • Generierung einer strukturierten Gliederung
  • Erstellung von Micro-Learning-Einheiten mit Validierungsfragen
  • Anpassung an verschiedene Sprachniveaus und Skill-Level

Die Teilnehmenden konnten die Plattform selbst testen und eigene Inhalte hochladen. Dabei wurde deutlich, wie einfach und schnell sich komplexe Dokumente in interaktive Lerneinheiten umwandeln lassen.

Besonders beeindruckend war die Geschwindigkeit der Verarbeitung: Selbst umfangreiche Dokumente mit 450 Seiten werden innerhalb von 15 Minuten vollständig analysiert und strukturiert.

Fazit und Ausblick

Die Präsentation machte deutlich, dass traditionelle Ansätze des Wissensmanagements den aktuellen Herausforderungen nicht mehr gewachsen sind. Die Kombination aus demografischem Wandel, technologischer Beschleunigung und zunehmender Heterogenität der Belegschaft erfordert neue Lösungsansätze.

KI-gestützte Systeme bieten die Möglichkeit, Wissen nicht nur zu sammeln, sondern auch adaptiv aufzubereiten. Dies bedeutet:

  • Automatische Anpassung an individuelle Lernvoraussetzungen
  • Berücksichtigung unterschiedlicher Sprachniveaus
  • Schnelle Verarbeitung großer Wissensmengen
  • Transformation von Expertenwissen in lernbare Inhalte

Für die Zukunft empfiehlt Riedmann de Trinidad, Wissensmanagement und Lernmanagement stärker zu verzahnen. Unternehmen sollten nicht nur darüber nachdenken, wie sie Wissen sammeln, sondern auch, wie sie es so aufbereiten, dass es tatsächlich angewendet werden kann.

Handlungsempfehlungen:

  • Implementierung KI-gestützter Systeme für die Wissensaufbereitung
  • Berücksichtigung der Bloom’schen Taxonomie bei der Gestaltung von Lerneinheiten
  • Entwicklung adaptiver Lernsysteme für heterogene Zielgruppen
  • Etablierung von Communities für den tagesaktuellen Wissensaustausch
  • Investition in Technologien, die sowohl Wissensmanagement als auch Lernmanagement unterstützen

Die Session verdeutlichte, dass die Zukunft des Wissensmanagements in der intelligenten, adaptiven Aufbereitung von Inhalten liegt, die den individuellen Bedürfnissen der Lernenden gerecht wird.