Gkc25/Co-Creation mit KI auf Augenhöhe

Aus Copedia

Der Vortrag stellt den Ansatz eines Münchner Startups vor, KI-Agenten als gleichberechtigte Teammitglieder in die Zusammenarbeit zu integrieren. Statt KI als reines Werkzeug im Hintergrund zu nutzen, werden Agenten mit Profilen, Namen, Rollen und Verantwortlichkeiten ausgestattet und transparent in Teams eingebunden. Dies ermöglicht echte Co-Creation, bei der Menschen und KI auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Das Unternehmen nutzt seine eigene Plattform “Insight” für Wissens- und Innovationsmanagement und setzt auf offene Standards, klare Workflows und themenbasiertes Rechtemanagement, um mit begrenzten Ressourcen dynamisch zu wachsen.

Hauptthemen des Beitrags:

  1. Unternehmenskontext und Grundphilosophie
  2. Co-Creation als zentrale Arbeitsweise
  3. Technische Architektur und Plattformansatz
  4. KI-Agenten als Teammitglieder
  5. Konkrete Beispiele: Linda, Fred, Rudi und Pille
  6. Governance, Transparenz und Compliance
  7. Praktische Erfahrungen und kulturelle Aspekte
  8. Fazit und Ausblick

Unternehmenskontext und Grundphilosophie

Inside Workspace ist ein IT-Startup aus München, das sich auf Wissens- und Innovationsmanagement spezialisiert hat. Das Unternehmen wurde Anfang 2024 gegründet und versteht sich explizit als IT-Unternehmen, nicht als klassisches Consultingunternehmen. Die Gründungsphilosophie basiert darauf, Organisationen und Teams dabei zu unterstützen, Wissen so zu strukturieren, dass daraus Wirkung entsteht.

Das Unternehmen richtet sich an drei zentrale Zielgruppen: Entscheider und Entscheiderinnen, die den Wert von Wissen erkannt haben und ihn strategisch einsetzen wollen; Wissensmanager und Wissensmanagerinnen, die sicherstellen, dass Wissen gepflegt, geteilt und weiterentwickelt wird; sowie Experten und Expertinnen, die ihr Wissen teilen wollen und Resonanz erleben möchten.

Die Arbeit des Startups ist stark von der Gesellschaft für Wissensmanagement (GFWM) geprägt. Technologie wird dabei als Betriebssystem von Co-Creation verstanden. Das Unternehmen nutzt seine eigene Plattform nicht nur als Produkt für Kunden, sondern auch zur Entwicklung der eigenen GmbH. Dies ermöglicht es, die Lösungen authentisch zu testen und weiterzuentwickeln.

Ein zentraler Aspekt ist der Umgang mit begrenzten Ressourcen. Selbst mit ausreichend finanziellen Mitteln wäre es aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktsituation nicht möglich, die ursprünglich geplante Organisationsstruktur schnell aufzubauen. Deshalb ist Co-Creation nicht nur eine philosophische Entscheidung, sondern eine praktische Notwendigkeit. Das Unternehmen arbeitet bewusst gegen Perfektionismus, will aber gleichzeitig eine Qualität liefern, die professionell wirkt und nicht nach “Bastelbude” aussieht.

Co-Creation als zentrale Arbeitsweise

Co-Creation wird definiert als neues Schaffen, das keiner alleine schaffen könnte. Es bedeutet, dass Expertise von Communities, Partnern und Kunden aktiv eingebunden wird, anstatt alles alleine zu stemmen. Wissen entsteht schneller, wenn Perspektiven gemeinsam aufgebaut werden, und zwar unabhängig von Hierarchien und Abteilungsgrenzen.

Für das Gelingen von Co-Creation müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Vertrauen ist dabei die grundlegende Voraussetzung – ohne Vertrauen keine Co-Creation. Plattformen schaffen die technische Basis, indem sie Zusammenarbeit schnell, transparent und sicher machen. Sie ermöglichen Austausch und schaffen Anerkennung, was sowohl in Teams als auch in Communities motiviert.

Beiträge sollten als Impulse verstanden werden, die Fragen auslösen, Resonanz erzeugen und sichere Räume schaffen, in denen Neues entsteht. Wichtig ist dabei nicht nur, ein Ergebnis zu haben, sondern es zu veröffentlichen und darauf Feedback einzuholen. Dadurch fließt Wissen zurück ins Unternehmen. Jeder Beitrag sollte sichtbar, nachvollziehbar, verknüpft und resonant werden.

Ein gemeinsames Verständnis ist entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden und nicht an Definitionen aneinander vorbeizureden. Das Prinzip “Gleichbehandlung ist gleich Inklusion” verdeutlicht, dass alle Beiträge – unabhängig davon, ob sie von Menschen oder Agenten stammen – den gleichen redaktionellen Workflows unterliegen.

Der Nutzengedanke und die Serviceorientierung stehen im Vordergrund. Es geht darum zu überlegen, wo die Wertschöpfung sitzt. Neues entsteht nicht im Alleingang, sondern im Austausch. Dabei ist eine offene Fehlerkultur wichtig – frei von Sanktionen und offen genug, dass Fehler wirklich als Chance erkannt und gesehen werden. Allerdings wird betont, dass dies nicht bedeutet, fahrlässig zu sein, besonders in sicherheitskritischen Bereichen.

Technische Architektur und Plattformansatz

Die Plattform Insight dient als Werkzeug zum Aufbau der Wissensbasis und zur Gestaltung von Social Collaboration. Sie unterstützt den strukturellen Aufbau und ermöglicht es, Informationen so zu organisieren, dass sie zum Nachdenken und Weiterdenken anregen, ohne müde zu machen.

Das System basiert auf einem themendomainbasierten Rechtemanagement. Themen, Grundlagen und Quellen können in Beziehung gesetzt werden zu Personen oder Abteilungen im Netzwerk. Diese Art der inhaltlichen Verantwortung unterscheidet das Unternehmen von anderen Ansätzen. Jeder Inhalt kann eindeutig verortet werden, und alleine durch die Information, wo etwas steckt, kennt man bereits dessen Bedeutung für den Gesamtzusammenhang.

Die Architektur trennt klar zwischen Innen und Außen. Im Kern befinden sich Workflows mit Abnahmeprozessen, die sicherstellen, dass Ergebnisse korrekt sind. Die Workflows im Inneren laufen teilweise nach dem Vier-Augen-Prinzip. Schnittstellen kapseln die Anforderungen der Teams, während die Workflow-Engines im Außen die Funktionalität dieser Schnittstellen implementieren.

Die Schnittstelle ist bewusst minimal gehalten und basiert auf vier Verben: GET holt Daten, POST legt neue an, PUT aktualisiert, und DELETE löscht. Hinzu kommt INFO für Benachrichtigungen. Jeder Schritt ist in den Logs nachvollziehbar. Diese einfache Struktur ermöglicht es, verschiedene Workflow-Engines wie Make oder N8N zu nutzen, ohne den Kern der Plattform anzupassen.

Für die Suche und Wissensorganisation werden verschiedene KI-Tools eingesetzt: Elasticsearch für die semantische Suche, um Abschnitte in ähnliche Abschnitte innerhalb von Inhalten zu finden, sowie Postgres mit Embeddings für die Vektorsuche. Es können verschiedene Sprachmodelle angehängt werden, wobei aktuell auch OpenAI und ChatGPT genutzt werden, gleichzeitig aber bewusst auf lokale Modelle gesetzt wird.

Ein zentrales Prinzip ist die Nutzung offener Standards. Dies ermöglicht es, mit den rasanten Entwicklungszyklen Schritt zu halten. Jedes Tool hat seinen eigenen Entwicklungszyklus und eigene Updates, die das Tempo vorgeben. Ohne offene Standards würde man irgendwann die Schnittstellen nicht mehr kontrollieren oder aneinander anpassen können. Das Commitment für offene Standards bedeutet, dass experimentiert werden kann, ohne den Kern ständig ändern zu müssen.

KI-Agenten als Teammitglieder

Der zentrale innovative Ansatz besteht darin, KI nicht im Hintergrund zu belassen, sondern sichtbar zu machen und mit Profil, Rolle und Verantwortung agieren zu lassen. Agenten werden als virtuelle Teammitglieder behandelt, die in der Organisationsstruktur verankert sind.

Technisch gesehen sind Agenten Schnittstellen zwischen der Plattform und Workflow-Engines. Sie sind mehr als eine reine API-Schnittstelle, da sie ein eigenes Benutzerkonto erhalten – mit E-Mail, Passwort und API-Key zur Identifizierung über die Schnittstelle. Durch diese Ausstattung entsteht etwas, das vorher nicht da war: ein “Body”, eine verkörperte Präsenz im System.

Jeder Agent erhält ein Profil, in dem steht, was er macht, wie er drauf ist und welchen Charakter er hat. Sie haben Namen, Aufgaben, Interessen und Skills, die sie veröffentlichen. Die Benennung erfolgt mit Doppel-Null-Nummern wie bei James Bond (z.B. Agent 004, Agent 009), solange es noch wenige sind. Sie sind im Chat ansprechbar und können Follower haben – User, die über ihre Aktivitäten benachrichtigt werden.

Die Charakterisierung wurde bewusst durchgeführt, um eine persönliche Beziehung aufzubauen. Ein KI-Tool generierte zunächst Charakterfiguren mit einem visuellen Erscheinungsbild. Diese pummeligen, roboterartigen Figuren (ähnlich wie aus dem Film “Robots”) ermöglichten es, eine emotionale Verbindung herzustellen und mit ihnen auszuhandeln, was sie tun sollen. Interessanterweise fiel bei der Gestaltung auf, dass Social-Media-Agenten tendenziell weibliche Namen erhielten, während technische Agenten männliche Namen bekamen – eine unbewusste Reproduktion klassischer Rollenmuster, die zur Reflexion anregte.

Agenten sind in Teams eingebunden und können in mehreren Teams unterschiedliche Rollen übernehmen: als Autor, Beobachter oder Information-Empfänger. Gemeinsam mit dem Team legt der zuständige “Body” – eine verantwortliche Person – fest, welche Rollen ein Agent im Team spielen soll und welche Aufgaben er hat. Über das Profil können auch der Sprachstil und die Charakterdarstellung festgelegt werden. Der Prompt, der dynamisch im Hintergrund entsteht, kann sich darauf einstellen, ob jemand per Du, förmlich oder per Sie angesprochen werden möchte.

Ein wesentlicher Punkt ist die Governance: Jeder Agent hat eine Person als Body, die die Verantwortung trägt. Alle Aktionen laufen über absolut definierte Workflows. Beiträge von Agenten unterliegen den gleichen redaktionellen Workflows wie die von jedem anderen User. Das Team entscheidet, ob Beiträge freigegeben, weiterverarbeitet, kommentiert oder überarbeitet werden. Das Team kann auch Prompts und Regeln anpassen, wenn etwas schräg läuft.

In der Userverwaltung wurde die Anrede-Option um eine vierte Variante erweitert: neben Herr, Frau und keine Angabe gibt es nun auch “Agent”. Dies war ein einfacher, aber mächtiger Schritt zur formalen Anerkennung der Agenten als Systemmitglieder.

Konkrete Beispiele: Linda, Fred, Rudi und Pille

Linda (Agent 004) ist der Social Media Content Creator im Team Social Media und Webredaktion. Ihre Aufgabe ist die Content-Generierung für LinkedIn. Sie hat fünf Follower, die über ihre Aktivitäten informiert werden. Linda hat bereits vier Awards für ihre Arbeit erhalten.

Der Workflow funktioniert folgendermaßen: Die Redaktion plant Beiträge im Sprint und nutzt dazu Templates. Gemäß Redaktionsplan werden einzelne Tasks an Linda übergeben, die getriggert wird, ihre Beiträge erstellt und ablegt. Das Team entscheidet dann über Freigabe, Weiterverarbeitung oder Überarbeitung. Linda befindet sich noch im Onboarding-Prozess, weshalb noch ein Mensch an der Stelle beteiligt ist, um die Qualität sicherzustellen. Die letzten LinkedIn-Beiträge auf dem Profil der Geschäftsführerin stammen tatsächlich von Linda, und die Ergebnisse werden als erstaunlich gut bewertet.

Fred (Agent 009) ist für Second Level Support zuständig. Er nimmt Anfragen vom First Level Support entgegen und prüft, ob diese automatisch beantwortet oder eskaliert werden müssen. Fred ist in vier Teams unterwegs: im Application Engineering als Autor für Monitoring, im Informationssicherheitsteam als Autor für Reporting und Systems Monitoring, im IT-Team als Autor für Logfile-Analyse und Anomalieerkennung, und im Deployment Team als Beobachter, wo er Informationen zu neuen Releases benötigt. Seine Interessen liegen im Bereich Betriebssysteme. Die Anfragen werden getriggert durch User-Meldungen oder durch Informationen von anderen Agenten.

Rudi ist der Log-Analyst, der Systeme und Anwendungslogs durchsucht. Seine Skills umfassen Statusmonitoring und Logfile-Analyse, seine Interessen liegen in der Anomalieerkennung und bei System-Events. Er ist in zwei Teams aktiv: im Informationssicherheitsteam und im IT-Team. Rudi arbeitet ungetriggert, das heißt, sein Monitoring läuft ständig.

Pille ist der Systemmonitor, der etwas übergeordnet arbeitet. Er überwacht CPU, Speicher und Prozesse. Seine Skills sind System-Health-Checks, er checkt die Systeme und erkennt Muster sowie dokumentiert Auffälligkeiten, meist bevor sie jemand bemerkt. Pille meldet kritische Situationen nicht als reine Fehlermeldung, sondern als kontextbezogene Information.

Diese drei Agenten bilden das “Troubleshooting-Trio”, das aktiv in mehreren Teams unterwegs ist. Sie tauschen sich untereinander aus: Wenn Pille eine kritische Speicherauslastung meldet, kann Rudi dies mit Logfile-Informationen abgleichen und Zusammenhänge prüfen. Fred nimmt dann gegebenenfalls die Kommunikation mit Menschen auf. Jeder spricht eine andere “Sprache”: Fred kommuniziert mit Menschen, Rudi mit Logs, Pille mit dem System.

Die Kommunikation läuft über definierte Kanäle. Ein Beispiel: “Der Serverprozess zieht ungewöhnlich viel Speicher” – diese Information wird strukturiert weitergegeben. KI beobachtet, strukturiert und meldet, während Menschen interpretieren, entscheiden und Lösungen gemeinsam gestalten.

Governance, Transparenz und Compliance

Ein entscheidender Vorteil dieses Ansatzes ist die vollständige Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Jeder Schritt ist in den Logs dokumentiert. Es ist immer klar, wer die Verantwortung trägt, wer wie agiert und wer Ergebnisse liefert. Durch dieses Bundle aus Agent, Body, Team und Workflow weiß man immer, wer was gemacht hat und warum.

Die Anforderungen des KI-Acts werden durch diesen Ansatz komplett erfüllt. Wenn KI aus der Blackbox ins Licht geholt und in Teams auf Augenhöhe integriert wird, entsteht automatisch die notwendige Governance. Es gibt Compliance durch Nachvollziehbarkeit – jeder Schritt ist im Log dokumentiert. Die inhaltliche Verantwortung liegt klar bei definierten Personen und ist themendomainbasiert organisiert.

Das System ermöglicht es, genau zu steuern, wo Wissen hinfließt. Die Frage, welche Domains aufgebaut und inhaltlich gefüllt werden, ist bewusst gestaltbar. Dies gibt die Möglichkeit, Wissen fließen zu lassen, aber kontrolliert und nachvollziehbar.

Auch bei der Nutzung von KI-Sprachmodellen wird auf Quellentransparenz geachtet. Ein Dauerbrenner ist der Information Overflow und die Frage, wie Informationen organisiert werden können, damit sie nicht müde machen, sondern zum Denken anregen. Die Antworten von KI klingen oft gut, aber die Quellen fehlen häufig oder werden nicht überprüft. Deshalb wird genau darauf geschaut, dass es sich um vertrauenswürdige Quellen handelt. Dies bremst zwar die Dynamik des Wissensaufbaus aktuell etwas, ist aber notwendig für die Qualität.

Die Nutzung lokaler KI-Modelle für bestimmte Zwecke ist dabei wichtig. Für interne Prozesse, bei denen sensible Daten verarbeitet werden, wird bewusst auf lokale Modelle gesetzt. Dies ermöglicht Datenschutz und Kontrolle, während für andere Aufgaben auch externe Dienste wie OpenAI genutzt werden können.

Praktische Erfahrungen und kulturelle Aspekte

Die praktischen Erfahrungen mit diesem Ansatz sind durchweg positiv. Besonders wertvoll ist die emotionale Beziehung, die zu den Agenten aufgebaut werden kann. Durch die Personifizierung mit Namen und Charakteren entsteht eine Arbeitsbeziehung, die motiviert statt frustriert. Wenn man einem Agenten eine Aufgabe gibt und diese wird erfüllt, entsteht das Gefühl, endlich etwas abgeben zu können.

Ein konkretes Beispiel: Die Geschäftsführerin war im Urlaub und hatte ein gutes Gefühl, weil die Agenten im Hintergrund die Backups überwachten. Statt sich morgens auf einer Shell einloggen zu müssen, um zu prüfen, ob alles läuft, kam einfach eine nette E-Mail auf dem Handy mit der Information, dass alles in Ordnung ist. Dies schafft Entspannung und gibt mehr Zeit für das, was wirklich wertvoll ist: denken, entscheiden und gestalten.

Die Delegation an Agenten bedeutet echte Arbeitserleichterung. Routine-Tätigkeiten wie Monitoring, Backup-Checks oder Logfile-Analysen – Aufgaben, die niemand besonders mag – können abgegeben werden. Dies schafft Zeit für kreative und strategische Arbeit. Man hat plötzlich jemanden, der Aufgaben erledigt, ohne dass man ein schlechtes Gewissen haben muss, nicht schnell genug zu antworten.

Interessanterweise entsteht auch eine emotionale Dimension. Es gibt Momente, in denen man überrascht ist von der eigenen Emotionalität gegenüber den Agenten. Wenn ein Agent “nervt” oder nicht das gewünschte Ergebnis liefert, kann man ihn einfach anpassen – die Prompts ändern, die Regeln justieren. Man bleibt derjenige, der die Zügel in der Hand hat. Dies ist anders als bei menschlichen Mitarbeitern, bei denen man diplomatischer agieren muss.

Die Frage, ob die Arbeit mit Bots den Umgang mit menschlichen Mitarbeiterinnen beeinflusst, wird reflektiert. Die Erfahrung zeigt, dass es eher umgekehrt ist: Die persönliche Beziehung zu Menschen wird wertvoller, weil man mehr Zeit hat für echten Austausch. Das Telefon zu greifen oder jemanden in der Kantine anzusprechen wird wieder wichtiger, gerade weil Routinekommunikation teilweise automatisiert ist.

Kulturell interessant ist die Beobachtung zur Geschlechterzuschreibung. Die unbewusste Tendenz, Service-Agenten weibliche und technische Agenten männliche Namen zu geben, spiegelt gesellschaftliche Muster wider. Dies führte zur bewussten Reflexion und zum Versuch, solche Muster aufzubrechen. Das Gendern ist für die Geschäftsführerin als Bayrerin eine Herausforderung, aber die technische Lösung über die Plattform – verschiedene Anrede-Optionen anzubieten – hilft dabei.

Die Arbeit mit Agenten bedeutet auch, eine andere Fehlerkultur zu entwickeln. Aus der Automotive-Branche kommend, wo Perfektionismus überlebenswichtig ist (weil Fehler tödlich sein können), musste ein Umdenken stattfinden. In der IT-Entwicklung gilt: Ein Schritt nach dem anderen, kein Perfektionismus. Fehler bei Agenten können korrigiert werden, ohne dass Menschen zu Schaden kommen. Gleichzeitig bleibt der Anspruch an Qualität hoch.

Fazit und Ausblick

Die zentrale Frage lautet: Wollen wir, dass KI für uns oder mit uns arbeitet? Die Entscheidung für “mit uns” bedeutet, KI als Teamplayer zu behandeln, nicht als reines Werkzeug. Dies verändert die Dynamik grundlegend. KI-Agenten werden zu Partnern, die transparent agieren, deren Handeln nachvollziehbar ist und die in ein soziales Gefüge eingebunden sind.

Dieser Ansatz ermöglicht es einem kleinen Startup, mit begrenzten Ressourcen dynamisch zu wachsen und zu skalieren. Auf diese Art und Weise kann viel Personal gespart werden, ohne dass die Qualität leidet oder das Team überlastet wird. Die Mitarbeiter sind “alle gut drauf, ziemlich entspannt” und machen einen Schritt nach dem anderen, statt am Anschlag zu arbeiten.

Die wichtigsten Erfolgsfaktoren sind: klare Prinzipien, so einfach wie möglich definiert; offene Standards, um mit der Entwicklung Schritt zu halten; themendomainbasiertes Rechtemanagement für klare Verantwortlichkeiten; und die Personifizierung von Agenten mit Namen, Profilen und Rollen. Vertrauen ist die Grundvoraussetzung für alles – ohne Vertrauen keine Co-Creation.

Die Entwicklung geht rasant weiter. Der Blick in die Zukunft reicht bewusst nur bis Quartal 1/2026, weil man sich nicht länger zu planen traut. In wenigen Wochen kann so viel passieren, dass man agil bleiben und reagieren können muss. Der gesamte Businessplan musste wegen KI über den Haufen geworfen werden, so stark haben sich die Möglichkeiten verändert.

Offene Fragen bleiben: Wie gestalten wir Technologie so, dass sie uns stärkt und nicht schwächt? Verlieren wir den Einfluss über das, was wir geschaffen haben, oder behalten wir die Kontrolle? Die Filmmetapher ist wichtig: In Filmen endet die Geschichte irgendwann, das Drehbuch ist geschrieben. In der Realität läuft der Prozess einfach weiter, aber das Drehbuch fehlt. Jetzt laufen wir mit rasanter Geschwindigkeit in eine Zukunft, in der wir gleichzeitig Regie führen und mitspielen müssen.

Handlungsempfehlungen

  • Beginnen Sie dort, wo Sie stehen, mit klaren nächsten Zielen – kein Perfektionismus, sondern ein Schritt nach dem anderen
  • Setzen Sie auf offene Standards, um mit den rasanten Entwicklungszyklen Schritt halten zu können
  • Experimentieren und spielen Sie mit allen verfügbaren Tools, aber behalten Sie Ihren Kern stabil
  • Nutzen Sie Plattformen für Zusammenarbeit, statt isolierte Tools einzusetzen
  • Machen Sie KI sichtbar und transparent, statt sie im Hintergrund zu verstecken
  • Geben Sie Agenten Profile, Namen und Rollen, um eine persönliche Beziehung aufzubauen
  • Definieren Sie klare Verantwortlichkeiten (Body) für jeden Agenten
  • Implementieren Sie Workflows, die sowohl für Menschen als auch Agenten gelten
  • Schaffen Sie sichere Räume für Fehler und Experimente ohne Sanktionen
  • Veröffentlichen Sie Ergebnisse und holen Sie Feedback ein, damit Wissen zurückfließt
  • Achten Sie auf vertrauenswürdige Quellen und Nachvollziehbarkeit bei KI-generierten Inhalten
  • Delegieren Sie Routine-Tätigkeiten an Agenten, um Zeit für Denken, Entscheiden und Gestalten zu schaffen
  • Bleiben Sie in Bewegung und passen Sie kontinuierlich an, ohne den Gesamtzusammenhang zu verlieren
  • Reflektieren Sie kritisch über unbewusste Muster (z.B. bei Geschlechterzuschreibungen)
  • Nutzen Sie lokale KI-Modelle für sensible interne Prozesse