Gkc25/Wissen, das gebraucht wird - verlässliche digitale Auskunft

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Diese Session behandelt die Entwicklung und Implementierung eines FAQ-Systems an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule München. Das System wurde entwickelt, um Studierenden, Studieninteressierten und Mitarbeitern verlässliche Antworten auf ihre Fragen zu geben. Durch die Sammlung von rund 250 Fragen, die Zuordnung zu Fachbereichen und die Entwicklung einer eigenen PHP-Applikation konnte ein funktionierendes Wissensmanagementsystem geschaffen werden. Allerdings wurde das System 2023 gestoppt, da die personellen Ressourcen für die notwendige Pflege und Aktualisierung nicht mehr ausreichten.

Hauptthemen der Präsentation:

  1. Ausgangssituation und Motivation für das FAQ-System
  2. Konzeption und technische Umsetzung
  3. Zielgruppen und Zugangsrechte
  4. Qualitätssicherung durch Dokumentenbasierung
  5. Pflege und Aktualisierung der Inhalte
  6. Herausforderungen bei der Weiterführung
  7. Lessons Learned und KI-Perspektiven

Ausgangssituation und Motivation für das FAQ-System

Die Grundidee für das System entstand aus einem konkreten Bedarf heraus: Menschen haben Fragen und benötigen verlässliche Antworten. Dies gilt besonders im Hochschulkontext, wo Studierende beispielsweise wissen möchten, wie oft sie eine Prüfung wiederholen können oder welche Fristen für bestimmte Verfahren gelten.

Der Entwickler des Systems hatte damals die Funktion des Studiendekans an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule München inne. In dieser Rolle war er verantwortlich dafür, dass Lehre und Prüfungen funktionieren und Studierende fristgerecht fertig werden. Die Fakultät nimmt jedes Jahr etwa 700 Studierende auf, insgesamt sind rund 3.000 Studierende eingeschrieben. Die Zahl der Studieninteressierten ist etwa zehnmal so hoch.

Das Kernproblem war, dass Organisationen und Firmen ihrer Klientel einen guten Service bieten wollen, bei dem Menschen Fragen stellen können und sich auf die Antworten verlassen können. Das Ziel war nicht einfach nur, Informationen bereitzustellen, sondern sicherzustellen, dass diese Informationen korrekt und nachprüfbar sind.

Die erste Phase bestand darin herauszufinden, was die Menschen überhaupt wissen wollen. Dafür wurden Fragen direkt dort gesammelt, wo sie auftauchen: im Studierendensekretariat und bei der Studienberatung. Die Studierenden konnten persönlich vorbeikommen, per E-Mail oder telefonisch ihre Fragen stellen. Auf diese Weise wurden zunächst rund 250 Fragen auf Zetteln zusammengetragen.

Konzeption und technische Umsetzung

Nach der Sammlung der Fragen folgte die Zuordnung zu den jeweiligen Fachbereichen. Bei jeder Frage wurde ermittelt, wer sich in der Fakultät damit auskennt. Wenn man länger in der Organisation tätig ist, kennt man entweder die Antwort sofort oder weiß zumindest, wen man fragen muss.

Die zuständigen Personen oder Fachbereiche formulierten dann schriftlich die Antworten auf die gesammelten Fragen. Es gab eine Art Koordination oder Redaktion, die sich darum kümmerte, dass dieser Prozess funktionierte und neue Fragen bearbeitet wurden.

Für die technische Umsetzung entwickelte der Sessiongeber selbst eine PHP-Applikation mit einer MySQL-Datenbank (später MariaDB). Das System wurde 2014 offiziell gestartet, nachdem die Idee bereits seit 1999 existierte. Damals hatte ein ehemaliger Geschäftspartner auf die Frage nach so einem System noch geantwortet: “Aber es gibt doch Google.” Erst etwa zehn Jahre später wurde die Idee konkret umgesetzt.

Das System funktioniert nicht wie eine klassische FAQ-Liste, bei der Nutzer ihre Frage erst in einer langen Liste finden müssen. Stattdessen gibt es eine Eingabezeile, in die Nutzer ihre Frage in natürlicher Sprache eingeben können. Manchmal schreiben Nutzer nur Stichwörter ein, wie sie es von Google gewohnt sind, aber die Empfehlung wäre, dass komplette Fragen formuliert werden sollten.

Bei jeder Frage und Antwort werden zusätzliche Informationen festgehalten: die Dokumente, aus denen sich die Antwort ergibt, und die zuständige Person für diese Frage. Außerdem werden Schlagwörter und alternative Schreibweisen hinterlegt, damit das System die Fragen besser finden kann.

Zielgruppen und Zugangsrechte

Das System unterscheidet fünf verschiedene Zielgruppen mit unterschiedlichen Zugriffsrechten:

  • Studierende: können ohne Login Fragen stellen
  • Studieninteressierte: können ebenfalls ohne Login Fragen stellen
  • Mitarbeiter der Fakultät: benötigen ein Login
  • Lehrbeauftragte: benötigen ein Login
  • Hauptamtliche Dozierende: benötigen ein Login

Der niederschwellige Zugang für Studierende und Studieninteressierte war bewusst gewählt, damit diese nicht erst einen Account anlegen müssen. Das bedeutet allerdings auch, dass prinzipiell jeder Fragen stellen kann. In der Praxis kam es nur selten vor, dass unpassende Fragen gestellt wurden.

Für die anderen Zielgruppen war ein Login erforderlich, weil dort teilweise Informationen stehen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Das Login erfolgte über das normale Hochschulsystem.

Auch die Nutzer mit Login konnten anonym Fragen stellen. Bei der Redaktion tauchte nicht auf, welche konkrete Person die Frage gestellt hatte, obwohl diese ihr Login verwendet hatte. Dies war wichtig, um eine vertrauliche Atmosphäre zu schaffen.

Wenn das System eine passende Antwort findet, wird diese angezeigt. Falls keine Antwort gefunden wird, lautet die Rückmeldung: “Tut uns leid, zu der Frage haben wir noch keine Antwort.” In seltenen Fällen, wenn eine Frage offensichtlich die falsche Fakultät betraf, antwortete die Redaktion direkt.

Qualitätssicherung durch Dokumentenbasierung

Ein zentrales Qualitätsmerkmal des Systems ist, dass jede Antwort auf nachprüfbaren Dokumenten basieren muss. Eine Antwort kann nur dann gegeben werden, wenn es ein oder mehrere Dokumente gibt, aus denen die Antwort hervorgeht. Dies gehört zu einer Kommunikation auf Augenhöhe, sodass Nutzer die Antworten auch überprüfen und nachlesen können.

Bei den Dokumenten handelt es sich in der Regel um Webseiten oder PDF-Dateien, manchmal auch Grafiken. In der Antwort wird auf diese Dokumente verlinkt, sodass Nutzer die Originalquellen einsehen können.

Ganz seltene Ausnahmen gab es, bei denen die Quelle als “mündliche Äußerung von Person X” angegeben wurde. Bei Fragen von Studierenden kam dies praktisch nicht vor, da dort ohnehin keine persönlichen Dinge besprochen werden sollten.

Diese Dokumentenbasierung hatte mehrere Vorteile:

  • Transparenz und Nachprüfbarkeit für die Nutzer
  • Sicherstellung der Richtigkeit der Informationen
  • Möglichkeit zur Überwachung von Änderungen
  • Professionelle Grundlage für die Auskunftserteilung

Das System stellte sicher, dass Nutzer sich auf die Antworten verlassen konnten, was besonders bei prüfungsrelevanten oder fristgebundenen Themen wichtig ist.

Pflege und Aktualisierung der Inhalte

Eine große Herausforderung bei Wissensmanagementsystemen ist die Aktualität der Informationen. Eine Antwort, die heute stimmt, kann morgen falsch sein. Deshalb wurde eine technische Unterstützung für die Pflege eingebaut.

Die verlinkten Dokumente konnten überwacht werden, um Änderungen festzustellen. Zusätzlich wurden Wiedervorlagen festgelegt, in welchen Abständen eine Antwort angeschaut werden muss. Das System sendete dann einen Reminder an die Redaktion, die wiederum per E-Mail die zuständigen Personen informierte.

Wenn eine neue Frage ins System kam, funktionierte der Workflow folgendermaßen:

  • Die Frage erschien in der Liste der neuen Fragen
  • Es gab einen E-Mail-Verteiler, der über neue Fragen informiert wurde
  • Die Redaktion ordnete die Frage dem zuständigen Bereich zu
  • Die Zuständigen erhielten eine E-Mail-Anfrage
  • Nach Beantwortung wurde die Frage mit entsprechenden Tags versehen und freigeschaltet

Die Fragen wurden nicht direkt bei den Zuständigen abgelegt, sondern liefen über eine zentrale Koordination. Dies hatte den Vorteil, dass man besser den Überblick behielt und die Fachbereiche nicht mit Anfragen überlastet wurden.

Die Redaktion konnte in der Liste der Fragen durch Farbmarkierungen erkennen, ob neue Fragen vorlagen oder ob alte Fragen noch nicht beantwortet waren. Bei den neuen Fragen konnten sowohl solche sein, für die bereits eine Antwort existierte, als auch komplett neue Fragen.

Herausforderungen bei der Weiterführung

Das System startete 2014 unter der Leitung des damaligen Studiendekans. Die Leitung ging später an das Studierendensekretariat über, wo eine Chefin sich darum kümmerte. Dies funktionierte zunächst gut.

Im Frühjahr 2020, zur Corona-Zeit, wurde vorbereitet, dass das System ohne den Initiator läuft, da dieser aus dem Dienst ausschied. Im Herbst 2020 gab es zwei Mitarbeiterinnen im Studierendensekretariat, die sehr gut mit dem System umgehen konnten. Die Corona-Zeit war in gewisser Weise günstig, da es kaum Publikumsverkehr gab.

Allerdings schieden beide kompetente Mitarbeiterinnen im Laufe der Jahre aus. Aktuell ist nur noch eine Person im Studierendensekretariat tätig. Es stellte sich heraus, dass es ein Problem mit den Zuständigen gab: Oft dauerte es lange, bis diese auf Anfragen antworteten.

Dies war nicht verwunderlich, da das System nie zentral für die gesamte Fakultät als Wissensmanagement-System eingeführt worden war. Der Initiator wollte dies damals bewusst nicht, weil er wusste, dass er bald ausscheiden würde. Auch die oberste Leitung der Fakultät unternahm nichts in diese Richtung. Stattdessen ging es zunächst darum, Erfahrungen zu sammeln, ob das System überhaupt funktioniert.

Die fehlende zentrale Verankerung führte dazu, dass die Pflege zunehmend zu einer Belastung wurde. Die verbliebene Person im Studierendensekretariat musste die Bereiche erinnern, erhielt dann Informationen zurück und pflegte diese ein. Dies wurde zu einem Nadelöhr, bei dem sich die Aufgaben stapelten. Mit zunehmendem Publikumsverkehr nach Corona verschärfte sich die Situation.

2023 wurde das System schließlich gestoppt. Die Verantwortlichen merkten, dass sie nicht mehr hinterherkamen. Der Initiator hatte von Anfang an klargestellt: Wenn ihr das nicht pflegen könnt, wird es nicht gemacht. Es sei nicht akzeptabel, verlässliche Antworten zu versprechen und dann Informationen zu liefern, die nicht stimmen.

Wer heute über die alten Links auf das System zugreift, erhält einen Hinweis, dass es bis auf Weiteres nicht angeboten wird, und einen Verweis auf die Studienberatung.

Lessons Learned und KI-Perspektiven

Ein wichtiger Aspekt, der sich im Laufe der Zeit herausstellte, war die menschliche Komponente. Bei beiden Mitarbeiterinnen im Studierendensekretariat war erkennbar, dass ihnen der persönliche Kontakt zu den Studierenden wichtig war. Dies ist einfach angenehmer als die reine Systempflege. Hier muss man sich etwas einfallen lassen, um die Arbeit attraktiver zu gestalten.

Ein Vorbild könnte das System der Bayerischen Staatskanzlei sein (Bayern direkt, ca. 2005), bei dem es einen festen Kern von etwa 3-5 Personen gab. Im abwechselnden Turnus kamen aber Leute von anderen Abteilungen der Staatsregierung für ein halbes Jahr oder ein Jahr in die Redaktion und gingen dann wieder raus. Man muss verhindern, dass es eine einsame, rein trockene Informationsverwaltungsgeschichte wird.

Denkbar wäre auch, dass mehrere Fakultäten das System nutzen und es einen Austausch gibt, sodass man sich gegenseitig vertreten kann. Wichtig ist aber, dass es nicht nur eine einzelne Person ist, die alles stemmen muss.

Ein Vorteil des Systems ist seine Flexibilität gegenüber Änderungen am Webauftritt. Jeder Internet- und Intranet-Auftritt ändert sich im Laufe der Zeit durch neue Leitungen, Ideen oder Umstrukturierungen. Diese Änderungen tangieren das FAQ-System nicht grundsätzlich. Möglicherweise müssen Linkpfade angepasst werden, aber Studierende können dieselben Fragen stellen, ohne sich im Internet oder auf neuen Seiten zurechtfinden zu müssen.

Zum Thema Künstliche Intelligenz wurde am Ende der Laufzeit experimentiert. Wenn eine neue Frage reinkam, konnte die Sekretärin sich von einer KI einen Antwortentwurf geben lassen. Dies war vor etwa drei Jahren und das Ergebnis war total unbrauchbar, weil die KI damals keinen Kontext nahm. Inzwischen dürfte es besser sein, aber es gibt immer noch viele Beispiele, wo KI-Antworten nicht richtig sind.

Die Deutsche Welle beteiligte sich an einer Studie zusammen mit anderen öffentlichen Medien aus Europa, bei der vier verschiedene KI-Modelle (Gemini, ChatGPT, Perplexity und ein weiteres) zu politischen Nachrichten und relevanten Inhalten befragt wurden. Das Ergebnis: 42% der Antworten waren falsch. Teilweise mit Quellenbezug, aber die Quellen stimmten nicht oder hatten nichts mit der Frage zu tun. Die BBC hatte ein Jahr zuvor eine ähnliche Untersuchung durchgeführt, bei der noch 51% falsche Antworten dabei waren. Die Tendenz scheint also positiv zu sein, aber 40% Fehlerquote ist immer noch sehr hoch.

Der klare Rat lautet daher: KI kann unterstützen, aber es muss jemanden geben, der sich damit auskennt und sagen kann, dass die Antwort richtig und vollständig ist. Die Datenbasis ist wichtig – wenn man weiß, welche Fragen die Menschen haben und diese strukturiert vorliegen, ist das wertvoll. Aber eine redaktionelle Prüfung bleibt unerlässlich.

Fazit und Ausblick

Das FAQ-System der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule München zeigt, dass technisch gut durchdachte Wissensmanagementsysteme funktionieren können, wenn die organisatorischen und personellen Voraussetzungen stimmen. Die Dokumentenbasierung und die Überwachungsmechanismen waren wichtige Qualitätsmerkmale.

Die größte Herausforderung liegt nicht in der Technik, sondern in der dauerhaften personellen Betreuung und der organisatorischen Verankerung. Ein solches System braucht mehr als nur eine einzelne Person, die sich darum kümmert. Es benötigt eine Mannschaft, Rotation und zentrale Unterstützung durch die Leitungsebene.

Offene Fragen:

  • Wie kann man verhindern, dass Wissensmanagementsysteme zu einsamen Aufgaben für Einzelpersonen werden?
  • Welche Organisationsmodelle (z.B. rotierende Teams wie bei Bayern direkt) sind am erfolgversprechendsten?
  • Wie kann KI sinnvoll zur Unterstützung eingesetzt werden, ohne die Qualitätssicherung zu gefährden?
  • Wie lässt sich ein solches System zentral in Organisationen verankern, ohne es von einzelnen Personen abhängig zu machen?

Handlungsempfehlungen:

  • Sammle Fragen direkt dort, wo sie auftauchen – bei den Beratungsstellen und Sekretariaten
  • Stelle sicher, dass jede Antwort auf nachprüfbaren Dokumenten basiert
  • Implementiere technische Erinnerungssysteme für die regelmäßige Überprüfung von Antworten
  • Vermeide die Abhängigkeit von Einzelpersonen durch Teamstrukturen oder Rotationsmodelle
  • Sichere die zentrale Unterstützung der Leitungsebene, bevor du ein solches System einführst
  • Nutze KI nur unterstützend, niemals ohne abschließende fachliche Prüfung
  • Stelle das System ein, wenn die Pflege nicht mehr gewährleistet werden kann – falsche Informationen sind schlimmer als keine Informationen
  • Achte auf die menschliche Komponente: Wissenspflege sollte nicht zu einer isolierten, trockenen Aufgabe werden