WissensTransferCamp 2025/Expert Debriefing unplugged

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Die Session behandelte das Expert Debriefing als strukturierten Wissenstransferprozess, bei dem Wissen von Experten systematisch auf Nachfolger übertragen wird. Lukas Roderus stellte den sechsstufigen Prozess vor und führte mit den Teilnehmenden einen praxisorientierten Austausch über Herausforderungen und Erfahrungen bei der Umsetzung. Besonders diskutiert wurden die Übertragung praktischen Wissens, die Rolle externer Moderation und konkrete Maßnahmen zur Wissenssicherung.

Hauptthemen der Präsentation:

  1. Der sechsstufige Expert-Debriefing-Prozess
  2. Vorgespräch und Rahmenbedingungen
  3. Erstellung der persönlichen Wissenslandkarte
  4. Maßnahmenplanung und Feedback-Schleifen
  5. Praktische Herausforderungen bei der Umsetzung
  6. Interne versus externe Moderation

Der sechsstufige Expert-Debriefing-Prozess

Expert-Debriefing ist ein moderierter, systematischer Prozess zur Übertragung von Wissen von Experten auf nachfolgende Personen. Der Prozess gliedert sich in sechs aufeinander aufbauende Schritte, die idealerweise in einem Zeitraum von drei bis sechs Monaten durchgeführt werden.

Die sechs Schritte umfassen:

  • Vorgespräch zur Klärung der Rahmenbedingungen
  • Erstellung einer persönlichen Wissenslandkarte
  • Ableitung eines konkreten Maßnahmenplans
  • Feedback-Schleife durch Vorgesetzte und Kollegen
  • Begleitung der Maßnahmenumsetzung
  • Reflexionsgespräch zur Bewertung des Gesamtprozesses

Der gesamte Prozess ist darauf ausgelegt, implizites Wissen in dokumentierbares Wissen umzuwandeln und durch geeignete Maßnahmen zu sichern. Dabei steht nicht nur die reine Dokumentation im Vordergrund, sondern die praktische Anwendbarkeit für die nachfolgenden Personen.

Vorgespräch und Rahmenbedingungen

Das Vorgespräch bildet das Fundament für einen erfolgreichen Wissenstransfer. In diesem ersten Schritt werden alle relevanten Stakeholder zusammengebracht: Auftraggeber, Experte, manchmal auch die Geschäftsführung und idealerweise bereits die nachfolgende Person, falls diese schon bekannt ist.

Zentrale Klärungspunkte im Vorgespräch sind:

  • Erklärung des gesamten Prozessablaufs
  • Festlegung der organisatorischen Voraussetzungen
  • Definition des verfügbaren Zeitrahmens
  • Bestimmung der relevanten Wissensgebiete
  • Klärung der Weiterverwendung der Wissenslandkarte

Besonders wichtig ist die Abgrenzung der zu betrachtenden Wissensgebiete. Gerade bei langjährigen Mitarbeitern müssen nicht unbedingt alle 40 Jahre Berufserfahrung relevant sein, während andererseits auch älteres Wissen durchaus noch von Bedeutung sein kann. Diese Entscheidung wird gemeinsam mit allen Beteiligten getroffen und im Vorgesprächsprotokoll festgehalten.

Erstellung der persönlichen Wissenslandkarte

Die Wissenslandkarte stellt den Kern des Expert-Debriefings dar. Hier wird durch gezielte Fragen das Wissen des Experten strukturiert erfasst und in einer Mindmap visualisiert. Der Ansatz folgt dem Prinzip, dass Personen oft leichter ins Erzählen kommen als Listen abzuarbeiten.

Die Wissenslandkarte gliedert sich in drei Hauptbereiche:

  • Arbeitshistorie als Einstieg ins Gespräch
  • Konkrete Aufgaben und Rollen des Experten
  • Spezifische Wissensgebiete und Fachkenntnisse

Das Gespräch wird aufgezeichnet, um später mit KI-Unterstützung ausgewertet oder als Podcast für nachfolgende Personen aufbereitet werden zu können. Wichtig ist dabei der Grundsatz “the map is not the territory” - die Karte dient als Struktur, nicht als vollständige Abbildung aller Details.

Die Experten werden gebeten, ihre Angaben zu priorisieren, um das Relevanteste für die Nachfolger zu identifizieren. Diese Priorisierung erfolgt auf einer Skala von 1 bis 3 und hilft bei der späteren Maßnahmenplanung.

Maßnahmenplanung und Feedback-Schleifen

Aus der Wissenslandkarte wird ein konkreter Maßnahmenplan abgeleitet, der festlegt, mit welchen Tools und Methoden das identifizierte Wissen gesichert werden soll. Das verfügbare Toolkit umfasst verschiedene Formate:

  • Podcasts für narrative Wissensvermittlung
  • Screencasts für Software-Demonstrationen
  • Checklisten für strukturierte Arbeitsabläufe
  • Persönliche Gespräche für komplexe Themen

Nach der Erstellung von Wissenslandkarte und Maßnahmenplan folgt eine wichtige Feedback-Schleife. Diese läuft meist asynchron ab und bezieht verschiedene Perspektiven ein: Auftraggeber, Geschäftsführung, Kollegen und idealerweise bereits die nachfolgenden Personen.

Das Feedback kann unterschiedliche Formen annehmen - von der einfachen Bestätigung bis hin zu konkreten Änderungswünschen. Manchmal erkennen Kollegen Wissensgebiete als besonders relevant, die der Experte selbst nicht als prioritär eingeschätzt hatte. Diese verschiedenen Sichtweisen werden eingearbeitet und der Plan entsprechend angepasst.

Praktische Herausforderungen bei der Umsetzung

Ein zentrales Diskussionsthema war die Übertragung praktischen und technischen Wissens. Besonders bei Tätigkeiten an Maschinen, in der Softwareanwendung oder bei handwerklichen Fertigkeiten stößt die reine Dokumentation an ihre Grenzen. Hier sind hands-on Ansätze gefragt.

Für praktisches Wissen eignen sich besonders:

  • Videoaufzeichnungen mit Erklärungen des Experten
  • Persönliche Begleitung vor Ort an Maschinen oder Arbeitsplätzen
  • Strukturierte Checklisten für wiederkehrende Abläufe
  • Kombinierte Ansätze aus Dokumentation und praktischer Demonstration

Eine weitere Herausforderung liegt in der zeitlichen Koordination. Oft ist die nachfolgende Person noch nicht bekannt oder erst später verfügbar. In solchen Fällen muss das Wissen zunächst gesichert und später im Onboarding-Prozess übertragen werden.

Besonders schwierig wird es, wenn das Wissen auf mehrere Personen verteilt werden soll. Hier wird die übergeordnete Wissenslandkarte in spezifische Teilbereiche gegliedert, für die jeweils eigene Detailkarten und Maßnahmenpläne erstellt werden.

Interne versus externe Moderation

Die Diskussion zeigte deutlich die Vor- und Nachteile interner versus externer Moderation auf. Während einfache Wissenstransferprozesse durchaus intern abgewickelt werden können, empfiehlt sich bei komplexeren oder konfliktbeladenen Situationen externe Unterstützung.

Vorteile interner Moderation:

  • Kostenersparnis bei größeren Volumina
  • Bessere Kenntnis der Unternehmenskultur
  • Kontinuierliche Verfügbarkeit

Vorteile externer Moderation:

  • Neutralität bei heiklen Themen
  • Professionelle Prozessführung ohne interne Befangenheit
  • Höhere Investitionsbereitschaft durch externe Beauftragung
  • Bessere Fragetechniken ohne organisatorische Zwänge

Viele Unternehmen verfolgen einen hybriden Ansatz: Sie bilden interne Multiplikatoren aus, die 60-70% der anfallenden Wissenstransferprozesse abwickeln können, und holen sich für besonders kritische oder komplexe Fälle externe Unterstützung.

Fazit und Ausblick

Expert-Debriefing erweist sich als strukturierter und wertschätzender Ansatz für systematischen Wissenstransfer. Der sechsstufige Prozess bietet einen klaren Rahmen, muss aber flexibel an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden. Besonders die Wissenslandkarte wirkt oft als Katalysator für die Motivation der Experten, da sie ihre Expertise gewürdigt sehen.

Offene Fragen ergaben sich insbesondere bei:

  • Der Übertragung sehr spezifischen praktischen Wissens
  • Der Identifikation geeigneter Experten in strategischen Wissensmanagement-Ansätzen
  • Dem Umgang mit unwilligen oder schwierigen Wissensträgern
  • Der Qualitätssicherung bei rein interner Durchführung

Die Teilnehmenden betonten die Notwendigkeit, Wissenstransfer proaktiv und strategisch anzugehen, anstatt nur reaktiv auf Notfälle zu reagieren. Der demografische Wandel wird diese Herausforderung in den kommenden Jahren weiter verstärken, sodass Unternehmen gut beraten sind, entsprechende Kompetenzen systematisch aufzubauen.