WissensTransferCamp 2025/Erfahrungsaustausch Best Practices zum Wissenstransfer mit Führungskräften

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Wissenstransfer bei Führungskräften ist ein besonders anspruchsvoller Prozess, der sich deutlich von normalen Mitarbeiterübergaben unterscheidet. Die Begleitung erfordert höchste Vertraulichkeit, externe Expertise und spezielle Methoden, da Führungskräfte oft politisch sensible und personalrelevante Informationen besitzen. Interne Begleitung ist nur bei unteren Führungsebenen empfehlenswert, während obere Führungsebenen externe Unterstützung benötigen, um die notwendige Vertrauensbasis zu schaffen.

Hauptthemen der Präsentation:

  1. Unterschiede zwischen internem und externem Wissenstransfer bei Führungskräften
  2. Besondere Herausforderungen bei der Begleitung von Führungskräften
  3. Vertraulichkeit und Vertrauensaufbau als kritische Erfolgsfaktoren
  4. Spezifische Methoden und Zeitaufwand für Führungskräfte-Wissenstransfer
  5. Rollenklärung und Führungsaufgaben im Wissenstransferprozess
  6. Praktische Erfahrungen und Fallbeispiele aus der Praxis

Unterschiede zwischen internem und externem Wissenstransfer bei Führungskräften

Der Wissenstransfer bei Führungskräften unterscheidet sich grundlegend von normalen Mitarbeiterübergaben. Ein wesentlicher Aspekt ist die Entscheidung zwischen interner und externer Begleitung. Interne Wissenstransferbegleitung stößt bei Führungskräften schnell an ihre Grenzen, da diese oft über hochsensible Informationen verfügen, die sie nicht mit internen Kollegen teilen möchten.

Ein Wissenstransferprozess ähnelt einem Coaching-Prozess und erfordert eine hohe Vertrautheit. Führungskräfte müssen vertrauliche Informationen über ihr Team preisgeben können - etwa über Konflikte, schwierige Mitarbeiter oder interne Auseinandersetzungen. Diese Informationen würden sie nicht einer internen Prozessbegleitung anvertrauen, da sie befürchten müssen, dass diese Informationen im Unternehmen weitergetragen werden.

Die Empfehlung lautet daher: Je höher die Führungsebene, desto wichtiger wird externe Begleitung. Bei oberen Führungsebenen ist externe Unterstützung praktisch unverzichtbar, da hier auch politische Dimensionen hinzukommen. Wenn eine interne Begleiterin bei einem Führungskräftetransfer scheitert, kann sie für zukünftige Prozesse auf höheren Ebenen nicht mehr eingesetzt werden.

Interne Begleitung kann bei Team- oder Gruppenleitungsebene noch funktionieren, sollte aber bei mittlerem oder Top-Management vermieden werden. Die Rückendeckung der Geschäftsführung ist dabei essentiell, ebenso wie eine klare Vertrauenszusage, dass Informationen nicht weitergegeben werden.

Besondere Herausforderungen bei der Begleitung von Führungskräften

Führungskräfte bringen spezielle Herausforderungen mit sich, die den Wissenstransferprozess komplexer machen. Ein zentraler Punkt ist das Spezialwissen Führung, da auf höheren Ebenen hauptsächlich geführt wird und kaum noch Facharbeit stattfindet. Die Grundstruktur muss daher angepasst werden: Fachteile umfassen auch fachliche Führung, während unter Führung der menschliche Aspekt behandelt wird - von Führungsstil über Führungsverhalten bis hin zu Mitarbeitergesprächen und Teamsteuerung.

Führung enthält viele implizite Wissensbestandteile, die schwer zu erfassen sind. Dazu gehören Vereinbarungen mit Mitarbeitern über Karriereentwicklung, Seminarplanungen oder Zusagen aus Personalentwicklungsgesprächen. Diese Informationen stehen oft nirgendwo geschrieben, sind aber entscheidend für die Kontinuität der Führung.

Ein weiteres Problem ist die begrenzte Verfügbarkeit von Führungskräften. Während normale Wissenstransfers etwa drei Stunden für die Aufnahme der Wissenslandkarte benötigen, haben Führungskräfte oft nur sehr begrenzte Zeitfenster. Es gibt Extremfälle, wo nur eine Stunde zur Verfügung steht, was zu suboptimalen Ergebnissen führt.

Die Kommunikation mit Führungskräften erfordert besondere Sensibilität. Man muss sowohl sensibel als auch bestimmt auftreten, wenn Führungskräfte versuchen, den Prozess zu verkürzen oder selbst zu steuern. Dabei ist es wichtig, die Notwendigkeit der strukturierten Vorgehensweise zu vermitteln, ohne die Führungskraft zu brüskieren.

Vertraulichkeit und Vertrauensaufbau als kritische Erfolgsfaktoren

Vertraulichkeit ist bei Führungskräfte-Wissenstransfers von allergrößter Bedeutung. Ohne glaubhafte Vertraulichkeitszusagen kommt praktisch kein produktiver Wissenstransfer zustande. Dies gilt besonders, wenn es um Personalinformationen über Mitarbeiter geht.

Die Vertrauensbasis muss von Beginn an etabliert werden. Alle Daten gehen ausschließlich über die Hände von Wissensgeber und Wissensnehmer. Selbst wenn der Vorstand nach Informationen fragen würde, müsste er sich an den ursprünglichen Wissensgeber wenden.

Für besonders sensible Themen gibt es verschiedene Lösungsansätze:

  • Oberflächliche Beschreibung in der Wissenslandkarte mit Verweis auf persönliches Übergabegespräch
  • Zwischentransfergespräche zwischen Wissensgeber und Wissensnehmer ohne Dokumentation
  • Handschriftliche Notizen der Wissensnehmer, die nicht digitalisiert werden
  • Treuhänderische Verwaltung durch externe Dienstleister bei Extremfällen

Ein praktisches Beispiel zeigt die Komplexität: Bei einem stellvertretenden Personalvorstand eines DAX-Unternehmens konnte der Wissenstransfer nur stattfinden, weil der Personalvorstand die sensiblen Informationen nicht erhalten sollte. Die Lösung waren Videointerviews, die treuhänderisch verwaltet und nur dem Nachfolger zugänglich gemacht wurden.

Spezifische Methoden und Zeitaufwand für Führungskräfte-Wissenstransfer

Der Standardprozess für Führungskräfte folgt bewährten Methoden, erfordert aber Anpassungen. Für die Aufnahme der Wissenslandkarte werden etwa drei Stunden veranschlagt, gefolgt von etwa drei Stunden für die Digitalisierung und weitere zwei Stunden für Abstimmung und Finalisierung. Insgesamt sind etwa acht Stunden einzuplanen, wobei komplexere Fälle bis zu zehn oder elf Stunden benötigen können.

Die Wissenslandkarte wird grundsätzlich nur mit dem Wissensgeber aufgenommen, nicht mit dem Nachfolger. Dies verhindert, dass die Struktur durch Zwischenfragen zerstört wird und ermöglicht eine spätere Selbsteinschätzung des Wissensnehmers. Nach der Erstellung schätzt der Wissensnehmer für jeden Punkt ein, wie viel Prozent des Wissens er bereits besitzt.

Bei extremen Zeitbeschränkungen können Notlösungen angewendet werden:

  • Vorstrukturierte Wissenslandkarten basierend auf Standardvorlagen
  • Vorabstimmung mit dem Wissensmanagement des Unternehmens
  • Schnelle Durchsicht und Anpassung bestehender Strukturen
  • Eigenverantwortliche Durchführung durch die Führungskraft anhand der Struktur

Analoge Methoden mit Karten haben sich bewährt, da Wissensgeber direkt eingreifen, Karten verschieben oder zerreißen können. Dies schafft mehr Interaktivität als digitale Methoden.

Rollenklärung und Führungsaufgaben im Wissenstransferprozess

Ein kritischer Aspekt ist die Rollenklärung, besonders bei der Einbindung der übergeordneten Führungskraft. Wissenstransfer ist Führungsaufgabe, und die nächsthöhere Ebene muss den Prozess steuern. Bei Führungskräften bedeutet dies oft, dass der Vorstand eingebunden werden muss.

Die Herausforderung besteht darin, dem Vorstand zu vermitteln, dass er seine Führungsaufgabe wahrnehmen muss, ohne ihn zu brüskieren. Als interner Begleiter ist es schwierig, dem Vorstand zu sagen, er solle seine Führungsaufgabe wahrnehmen. Externe Berater haben hier einen Vorteil, da sie als eingekaufte Expertise auftreten können.

Wenn der Vorstand nicht zur Verfügung steht, muss die Abteilungsleitung in einer Doppelfunktion agieren - sowohl als Wissensgeber als auch als steuernde Instanz. Dies erfordert klare Rollentrennung während des Prozesses.

Bei Führungskräften im Mittelstand ist zusätzlich zu beachten, dass diese oft noch Sacharbeiten übernehmen. Die Wissenslandkarte muss daher verschiedene Rollen abbilden:

  • Reine Führungsrolle
  • Sachbearbeiterrolle
  • Projektleitungsrolle
  • Fachliche Unterstützungsrolle für Mitarbeiter

Eine klare Trennung dieser Rollen in der Wissenslandkarte ist essentiell für einen erfolgreichen Transfer.

Praktische Erfahrungen und Fallbeispiele aus der Praxis

Die Praxis zeigt verschiedene Extremsituationen, die wertvolle Lerneffekte bieten. Ein Beispiel ist der “Ein-Stunden-Wissenstransfer”, bei dem eine hochrangige Führungskraft nur eine Stunde Zeit zur Verfügung stellte. Die Lösung war eine vorstrukturierte Wissenslandkarte, die in Zusammenarbeit mit dem Wissensmanagement erstellt und schnell angepasst wurde. Das Ergebnis war suboptimal, aber unter den gegebenen Umständen das bestmögliche.

Ein anderes Beispiel zeigt die Bedeutung des Vertrauensaufbaus: Eine Personalvorständin war zunächst skeptisch und wollte den Prozess allein durchführen. Nach einer halben Stunde Überzeugungsarbeit und der ersten Wissenslandkarte war sie so begeistert, dass sie den Berater umarmte und den gesamten Prozess fortsetzen wollte.

Wichtige Erkenntnisse aus der Praxis:

  • Regelmäßiges Feedback nach jedem Gespräch einholen
  • Sensibel auf nonverbale Signale achten (Augenrollen, abrupte Beendigung)
  • Bei Widerstand zunächst die Ursachen klären
  • Nicht auf Biegen und Brechen durchführen
  • Bei konfliktbelasteten Prozessen externe Hilfe bevorzugen

Besonders bei oberen Führungsebenen spielt Geld meist keine Rolle mehr, sodass externe Unterstützung problemlos eingekauft werden kann. Dies ist oft die bessere Alternative, als interne Ressourcen zu verbrennen.

Fazit und Ausblick

Wissenstransfer bei Führungskräften ist deutlich anspruchsvoller als bei normalen Mitarbeitern und erfordert besondere Expertise. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass externe Begleitung bei höheren Führungsebenen praktisch unverzichtbar ist, da nur so die notwendige Vertrauensbasis geschaffen werden kann.

Zentrale Handlungsempfehlungen:

  • Bei oberen Führungsebenen immer externe Unterstützung bevorzugen
  • Vertraulichkeitszusagen glaubhaft vermitteln und einhalten
  • Ausreichend Zeit einplanen und nicht unter Zeitdruck arbeiten
  • Klare Rollenabgrenzung zwischen Führungs- und Sachaufgaben
  • Regelmäßiges Feedback und sensible Reaktion auf Widerstand
  • Bei konfliktbelasteten Situationen professionelle Distanz wahren

Offene Fragen betreffen die weitere Digitalisierung von Wissenstransferprozessen und die Integration von KI-Technologien. Hier müssen Datenschutz und Vertraulichkeit besonders berücksichtigt werden. Videoaufzeichnungen können eine Alternative sein, erfordern aber umfangreiche Zustimmungen und bieten weniger Interaktivität.

Die Zukunft des Führungskräfte-Wissenstransfers liegt in der Professionalisierung der Prozesse und der Entwicklung spezialisierter Methoden für verschiedene Führungsebenen. Dabei bleibt der menschliche Faktor und die Vertrauensbildung der entscheidende Erfolgsfaktor.