WissensTransferCamp 2025/Auswirkungen von KI auf die Wissenskultur: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 19. September 2025, 14:37 Uhr
In dieser Session reflektierten die Teilnehmeden über die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf den Wissenstransfer in Unternehmen. Basierend auf einer strukturierten Diskussion werden verschiedene Perspektiven beleuchtet: von der Veränderung zwischenmenschlicher Interaktionen bis hin zu kulturellen Wandlungsprozessen in der Arbeitswelt.
Digitale Zusammenarbeit im Wandel
Die Digitalisierung hat unsere Arbeitsweise grundlegend verändert. Während früher der Fokus oft auf der technischen Beherrschung von Tools lag, rücken heute andere Kompetenzen in den Vordergrund. Besonders interessant ist die Beobachtung, dass sich viele Menschen intensiver damit beschäftigen, wie sie mit ihrer KI zusammenarbeiten können, während die Zusammenarbeit mit menschlichen Kollegen manchmal in den Hintergrund zu treten scheint.
Diese Entwicklung wirft fundamentale Fragen auf: Was bedeutet es für den Wissenstransfer, wenn alle perspektivisch einen KI-Buddy haben? Sind wir dann mehr oder weniger motiviert, Wissen mit unseren menschlichen Kollegen zu teilen?
Erste Hypothesen und Beobachtungen
Bei der Betrachtung verschiedener Wissensarten zeigt sich ein differenziertes Bild. Für Weltwissen scheint KI bereits heute eine gute Lösung zu bieten, doch für Spezialwissen bleibt der Austausch mit Kollegen unerlässlich. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass das letzte Wort häufig noch beim Menschen liegt - als eine Art “Human in the Loop” am Ende des Prozesses.
Interessant ist auch die Entstehung neuer Netzwerkstrukturen: Jeder konfiguriert und personalisiert seinen virtuellen Agent, wodurch ein Teil des Transferprozesses bereits in der KI-Interaktion stattfindet. Dies wirft die Frage auf, was mit dem in der KI aufgebauten Wissen passiert, wenn der ursprüngliche Nutzer nicht mehr verfügbar ist.
Veränderungen in der zwischenmenschlichen Kommunikation
Ein wesentlicher Aspekt des Wissensaustauschs findet traditionell “zwischen Tür und Angel” statt - in spontanen, ungeplanten Gesprächen im Arbeitsalltag. Mit KI führen wir hingegen keine Smalltalk-Gespräche, sondern steuern sie aktiv an. Diese Beobachtung führt zu der Frage, ob die wertvollen zufälligen Wissensbegegnungen verloren gehen könnten.
Gleichzeitig zeigt sich, dass KI als komprimiertes, dokumentiertes Weltwissen fungiert. Dadurch können sich Wissenstransfer-Aktivitäten stärker auf kritisches und singuläres Wissen konzentrieren - auf das, was den Experten wirklich ausmacht und nicht bereits im Internet verfügbar ist.
Kulturelle und soziale Herausforderungen
Die Einführung von KI in den Wissenstransfer bringt kulturelle Veränderungen mit sich. Es besteht die Gefahr, dass das Fragen nach Wissen oder der Austausch mit Kollegen als “unfein” empfunden wird - nach dem Motto: “Warum fragst du nicht die KI?”
Diese Entwicklung kann zu neuen Widerständen führen, bei denen sich Wissensgeber zurückziehen und denken: “Das kann ja doch alles die KI fragen. Mein Erfahrungswissen gehört mir.” Solche Abgrenzungstendenzen könnten den traditionellen Wissenstransfer erheblich beeinträchtigen.
Die Rolle der psychologischen Sicherheit
Ein wichtiger Aspekt, der bei der KI-Nutzung fehlt, ist die psychologische Sicherheit, die menschliche Kollegen bieten können. In vertrauensvollen Beziehungen kann man auch mal sagen: “Das ist völliger Quatsch, was du da machst.” Diese Art des ehrlichen, kritischen Feedbacks ist mit KI-Systemen nicht möglich.
Zudem verändern sich die Erwartungen an menschliche Kollegen. Wenn KI sofort strukturierte Antworten liefert, könnten wir ungeduldig werden, wenn menschliche Kollegen nicht ebenso schnell und geordnet antworten.
Generationenwandel und kritisches Denken
Besonders relevant ist die Frage, wie nachfolgende Generationen mit KI lernen werden. Die Generation Alpha wird ein völlig anderes Verständnis von Wissenstransfer entwickeln als die heutigen Digital Natives. Dabei besteht die Gefahr, dass kritisches Hinterfragen verloren geht, wenn KI-Antworten so überzeugend formuliert sind, dass sie als unumstößliche Wahrheit wahrgenommen werden.
Das Bildungssystem steht vor der Herausforderung, den sinnvollen Umgang mit KI zu vermitteln. Es geht darum, nicht blind zu vertrauen, sondern kritisch zu hinterfragen und sich eine eigene Meinung zu bilden. Ohne diese Kompetenz könnte die eigene Innovationskraft abnehmen.
Die vierte Kränkung der Menschheit
KI stellt möglicherweise eine “vierte Kränkung der Menschheit” dar. Während frühere Kränkungen unser Weltbild erschütterten, erkennen wir nun, dass Maschinen uns in klassischen Dimensionen von Intelligenz und Wissen überlegen sein können. Dies betrifft besonders Wissensarbeiter, die sich über ihr Wissen definiert haben.
Viele Experten arbeiten mit “gesundem Halbwissen”, das nun durch KI schnell ausgehebelt werden kann. Dies erzeugt ein Identitätsvakuum, das neu gefüllt werden muss. Wissensarbeiter müssen alternative Formen der beruflichen Identität entwickeln.
Ausblick und Herausforderungen
Die Diskussion zeigt, dass KI den Wissenstransfer fundamental verändert, sowohl in positiver als auch in problematischer Hinsicht. Während KI bei Standardwissen entlastet und den Fokus auf wirklich kritisches Wissen lenkt, drohen gleichzeitig wichtige soziale Dimensionen des Wissensaustauschs verloren zu gehen.
Die Corporate Learning Community steht vor der Aufgabe, diese Entwicklungen bewusst zu gestalten. Es gilt, die Vorteile von KI zu nutzen, ohne die wertvollen Aspekte menschlicher Wissensteilung zu verlieren. Dabei ist es entscheidend, eine Kultur zu fördern, die sowohl technologische Innovation als auch zwischenmenschlichen Austausch wertschätzt.
Die Herausforderung liegt darin, KI als Ergänzung und nicht als Ersatz für menschliche Expertise zu verstehen und dabei die sozialen und kulturellen Dimensionen des Wissenstransfers zu bewahren.