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Aktuelle Version vom 7. August 2025, 22:04 Uhr
Professor Müller von der Hochschule Ansbach präsentierte innovative Ansätze zur Digitalisierung und Automatisierung von Expert-Debriefing-Prozessen. Mit über 30 Jahren Erfahrung und etwa 1.000 begleiteten Sitzungen zur Wissenssicherung stellte er konkrete Lösungsansätze vor, wie Organisationen dem demografischen Wandel und dem drohenden Wissensverlust durch ausscheidende Mitarbeiter begegnen können. Dabei betonte er die Notwendigkeit einer “Blended-Lösung”, die technische Innovation mit menschlicher Begleitung verbindet.
- Session Titel: Smart Expert Debriefing
- Session Owner: Prof. Michael Müller
Motivation und Herausforderungen des Wissenstransfers
Der demografische Wandel stellt Organisationen vor massive Herausforderungen: “12,9 Millionen Babyboomer scheiden aus” - dies ist der zentrale Trigger, warum sich Unternehmen verstärkt mit Wissensmanagement beschäftigen. Müller verdeutlichte jedoch, dass Wissensverlust nicht nur beim Renteneintritt auftritt, sondern in verschiedenen Szenarien:
- Elternzeit-Szenarien: “Die Kolleginnen kommen zwar wieder, aber das Wissen, das Erfahrungswissen ist nicht da”
- Normale Fluktuation und Krankheitsfälle
- Future Workplace-Herausforderungen: Fördert oder hemmt das Homeoffice den Wissensaustausch?
- Internationale Skalierungsprobleme: Ein Großunternehmen berichtete von “nicht 2-3 Menschen, die ausscheiden, sondern international 300-400 Menschen”
Ein zentrales Problem sieht Müller darin, dass “Offboarding immer noch so ein bisschen so ein Schattendasein führt” im Vergleich zu anderen HR-Prozessen wie Onboarding oder Employee Branding. Dabei plädiert er für eine stärkere Integration des erfahrungsbasierten Wissens in den gesamten Human Resource Lifecycle.
Stufenmodell zur Implementierung von Smart Expert Debriefing
Müller entwickelte ein sechsstufiges Modell zur schrittweisen Einführung von Smart Expert Debriefing, da “Rom nicht an einem Tag gebaut wurde”. Das Modell berücksichtigt Change-Management-Aspekte und kulturelle Anpassung:
Stufe 1: Sensibilisierung - Bewusstseinsschaffung bei Führungskräften - “Ich stoße regelmäßig auf Führungskräfte, denen das Thema völlig egal ist”
Stufe 2: Strukturierung der Abläufe - Alterstrukturanalysen durchführen - Systematische Planung: “Wann scheidet wer aus?”
Stufe 3: Digitalisierung - Einsatz von Mindmapping-Tools - Erstellung von Wissenslandkarten
Stufe 4: Automatisierung - Routine-Arbeiten automatisieren - Zeit sparen für Wissensträger und Begleiter
Stufe 5: Generative KI-Potenziale - Integration von ChatGPT und ähnlichen Tools - Intelligente Unterstützung bei der Wissensextraktion
Stufe 6: Selbstlernendes System - Zukunftsvision: “Die KI übernimmt uns” - Kritische Reflexion der Grenzen automatisierter Systeme
Prozessmodell und strukturierte Vorgehensweise
Das entwickelte Prozessmodell basiert auf jahrzehntelanger Erfahrung und wurde “bis zur vierten, fünften Ebene strukturiert”. Müller beschreibt es als “Story-Map” - eine Art Anforderungsanalyse für mögliche IT-Systeme.
Die praktische Umsetzung erfolgte zunächst über eine “vernetzte PowerPoint-Präsentation”, die als Leitfaden fungiert und verschiedene Medienformate integriert:
- Detailerfahrungen zum Nachschlagen
- Podcasts für auditive Lerntypen
- Erklärvideos für komplexe Themen
- Verlinkung zu weiterführenden Ressourcen
Diese Lösung dient als “Pflichtenheft für ein System, was wir vielleicht alle gemeinsam dann erstellen können”. Der Ansatz folgt agilen Projektmanagement-Prinzipien und ermöglicht iterative Verbesserungen.
Knowledge Graphs und vernetzte Wissensrepräsentation
Ein innovativer Ansatz ist die Verwendung von Knowledge Graphs, die Müller als Weiterentwicklung traditioneller Mindmaps beschreibt: “Ich habe nicht nur in der Mindmap irgendwelche Zweige, die nebeneinander stehen, sondern ich habe Beziehungen zwischen Objekttypen.”
Das Modell umfasst verschiedene Objekttypen:
- Personen und ihre Rollen
- Aufgaben (regelmäßige Pflichtaufgaben, Sonderaufgaben)
- Schnittstellen (extern/intern)
- Organisationseinheiten
- Zeitbezüge
Der Vorteil dieser Struktur liegt in der intelligenten Abfragefähigkeit: “Gib mir mal alle wichtigen Hinweise zu den externen Ansprechpartnern, die ich für die Aufgabe X nächste Woche benötige.” Diese Funktionalität ermöglicht kontextbezogene Wissensabfragen ähnlich wie bei Google Knowledge Graphs.
Automatisierungspotenziale durch KI und Text Mining
Müller identifizierte verschiedene Bereiche für Robotic Process Automation (RPA) und KI-Integration:
Automatische Extraktion und Strukturierung: - Automatisierte Erfassung von Aktivitäten aus bestehenden Dokumenten - Chatbot-unterstützte Datensammlung - Intelligente Terminplanung und Outlook-Integration
Text Mining und Dokumentenanalyse: - Automatisierte Identifikation von Abkürzungen, Fachbegriffen und Ansprechpartnern - Zusammenfassung umfangreicher Berichte: “Der hat einen 50-seitigen Bericht über den Kulturladen in Langwasser. Glauben Sie, dass die Nachfolgerin die 50 Seiten liest?” - ChatGPT-Integration für Dokumentenzusammenfassungen
Process Mining für Best Practice-Identifikation: - Analyse digitalisierter Prozesse zur Identifikation von Abweichungen - Erkennung von Best Practices: “Jetzt erklär mir mal, warum du vom Standardprozess abweichst. Das sind nämlich Best Practices”
Qualitätsmanagement für Wissensstrukturen: - Automatische Überprüfung der Strukturtiefe und -breite - Empfehlungen zur optimalen Gliederung: “Du hast mal wieder 12 Unterpunkte. 7 reichen. Die Tiefe deiner Struktur ist schon bei 8. 5 reicht”
Praktische Umsetzung und Medienintegration
Die konkrete Umsetzung erfolgt über eine multimediale Plattform, die verschiedene Lernpräferenzen berücksichtigt:
Podcast-Integration: - 5-Minuten-Erklärvideos für wichtige Konzepte - Mehrsprachige Unterstützung (deutsche und englische Versionen) - “Unter einer halben Stunde mache ich es nicht. Und die anderen Kollegen sagen, 20 Sekunden TikTok muss reichen”
Benutzerfreundlichkeit als Priorität: - Kritische Selbstreflexion: “Das schaut nicht gut aus, ich kritisiere mich gleich selber. Das ist viel zu textlastig” - Fokus auf Einfachheit und intuitive Bedienung - Konkrete Anleitungen für zeitliche Planung und Terminabstimmung
Import- und Exportfunktionen: - Spezielle Schnittstellen für Datenübertragung - Integration in bestehende Unternehmenssysteme - Kompatibilität mit gängigen Office-Anwendungen
Fazit und Ausblick
Professor Müller betonte die Notwendigkeit einer ausgewogenen Herangehensweise an die Digitalisierung des Expert-Debriefings. Seine zentrale Botschaft lautet: “Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es eine Blended-Lösung in Zukunft geben wird.” Diese kombiniert technische Innovation mit menschlicher Begleitung und berücksichtigt Wertschätzungsaspekte.
Offene Fragen und Herausforderungen:
- Akzeptanz der Mitarbeiter bei automatisierter Prozessanalyse
- Balance zwischen Automatisierung und persönlicher Betreuung
- Skalierbarkeit der Lösungen für internationale Unternehmen
- Integration verschiedener Medienformate in einheitliche Plattformen
Handlungsempfehlungen:
- Stufenweise Einführung entsprechend der Organisationskultur
- Starker Fokus auf Change Management: “Völlig unterschätzt, wie nehme ich die Mitarbeiter mit”
- Entwicklung evidenzbasierter Ansätze zur Nutzenquantifizierung
- Aufbau von Forschungskooperationen und gemeinsamen Projekten
- Integration des Wissenstransfers in den gesamten HR-Lifecycle
Müller lud explizit zur Zusammenarbeit ein: “Wer publizieren will, gerne. Wer Forschungsanträge mit uns schreiben will, sehr gerne.” Dies unterstreicht den kollaborativen Ansatz, der notwendig ist, um die komplexen Herausforderungen des modernen Wissensmanagements zu bewältigen.